Kommunikation ist der Schlüssel zur zwischenmenschlichen Beziehung. Aber manchmal scheint es fast unmöglich, Streit und Konflikte zu vermeiden. Das Konzept der gewaltfreien Kommunikation kann helfen, mit anderen respektvoll und konstruktiv zu sprechen.
Zu Hause wurde die Spülmaschine mal wieder nicht ausgeräumt. Das ärgert dich und du schnauzt deine Partnerin, deinen Partner oder dein Kind an: „Du hast die Spülmaschine schon wieder nicht ausgeräumt!“ Damit hast du deinem Ärger Luft gemacht – aber wird dein Gegenüber in Zukunft die Spülmaschine lieber ausräumen? Wohl eher nicht. Die meisten Konflikte und Streitigkeiten haben ihre Ursache darin, dass wir falsch kommunizieren – davon war Marshall B. Rosenberg überzeugt. Auf Basis dieser Annahme hat der Psychologe das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation entwickelt.
Rosenberg war in den 1960er Jahren ein amerikanischer Psychologe und Konfliktmediator, der sich intensiv mit den Auswirkungen von Sprache auf zwischenmenschliche Beziehungen beschäftige. Während er sich intensiv mit der Bürgerrechtsbewegung und der Anti-Kriegsbewegung auseinandersetzte, kam er zu dem Schluss, dass viele zwischenmenschliche Konflikte aufgrund mangelnder Empathie und Missverständnissen entstehen.
Als Lösung entwickelte er die Gewaltfreie Kommunikation. Sie bietet eine Alternative, indem sie sich auf klare Ausdrucksweise, aktives Zuhören und die Vermittlung von Bedürfnissen und Gefühlen konzentriert. Ziel der GfK ist es, ein Verständnis für die Bedürfnisse und Gefühle aller Beteiligten zu entwickeln und so Konflikte respektvoll und konstruktiv zu lösen.
Zur Verdeutlichung bedient sich Rosenberg zweier Tier-Metaphern: In Konfliktsituationen, wenn wir uns in die Ecke gedrängt fühlen oder unter Stress stehen, verwenden wir schnell die „Wolfssprache“. Der Wolf knurrt, schnappt oder zeigt seine Zähne. Menschen, die in Wolfssprache sprechen, verteidigen sich, setzen herab oder verurteilen. Außerdem sind sie so laut, dass sie ihr Gegenüber nicht hören, geschweige denn darauf eingehen können.
Die „Giraffensprache“ dagegen steht für die gewaltfreie Art der Kommunikation. Dank ihres langen Halses kann die Giraffe die Situation von oben betrachten und eine andere Perspektive einnehmen. Außerdem hat sie ein großes Herz, damit kann sie besser auf die Bedürfnisse und Gefühle der sie Umgebenden eingehen.
In der Giraffensprache geht es nicht nur darum, bewusst und achtsam zu sprechen, sondern auch zuzuhören. Kommunikation ist immer ein Senden und Empfangen, ein Hören und Gehörtwerden. Wenn sich beides die Balance hält, können wir Missverständnissen vorbeugen und Konflikte vermeiden.
Im Streit kommt es nicht nur darauf an, was du sagst – sondern auch, wie du es sagst.
Gewaltfreie Kommunikation bedeutet, dass wir wertschätzend und respektvoll kommunizieren. Sie zielt darauf ab, dass alle bekommen, was sie brauchen. Dafür braucht es Empathie und Wertschätzung – für dich selbst und für deine Umwelt. Gerade in Konfliktsituationen fällt es dir wahrscheinlich nicht immer leicht, einen kühlen Kopf zu bewahren und dich wie eine Giraffe zu verhalten.
In einem Satz zusammengefasst kannst du es so formulieren: „Wenn ich a sehe, fühle ich b, weil ich c brauche. Deshalb möchte ich jetzt gerne c."
Gewaltfreie Kommunikation setzt natürlich voraus, dass du genau weißt, was du willst. Deine eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu kennen, ist nicht immer einfach – gerade in stressigen Situationen. Deshalb geben dir die 4 Schritte die Gelegenheit, in einer Konfliktsituation kurz zu reflektieren, was genau dich ärgert, traurig oder wütend macht und welches Bedürfnis dahinter steht. Wenn du schließlich genau weißt, was du in dem Moment brauchst, kannst du es klar und respektvoll kommunizieren.
In der GfK geht es darum, dass jede und jeder die eigenen Bedürfnisse kommuniziert. Ein zentraler Bestandteil der gewaltfreien Kommunikation sind deshalb Ich-Botschaften. Das sind Aussagen, in denen eine Person ihre eigenen Gefühle und Bedürfnisse äußert, ohne andere zu beschuldigen. Oft formulieren wir in Gesprächen unsere eigenen Wahrnehmungen als allgemeingültige Aussagen oder als Du-Botschaften. Dadurch wird das Gegenüber automatisch beschuldigt oder abgewertet. Eine Du-Botschaft ist meist eine Schuldzuweisung, auf die das Gegenüber dann wahrscheinlich abwehrend reagiert. Eine Ich-Botschaft dagegen vermeidet, dass sich eine Kommunikation in Richtung Konflikt oder gar Eskalation entwickelt.
Verdeutlichen lässt sich das an einem ganz einfachen Beispiel: Nehmen wir an, dein Kollege kommt oft zu spät. Wenn du ihm das nächste Mal (vielleicht sogar vorwurfsvoll) sagst: „Immer kommst du zu spät, das nervt total!“, zeigst du mit dem verbalen Zeigefinger auf ihn und drängst ihn so in die Ecke. Die Reaktion auf diese Art Vorwurf ist bestimmt nicht freundlich.
Du kannst das Ganze aber auch als Ich-Botschaft formulieren: „Ich fühle mich davon gestresst, wenn ich auf dich warten muss.“ Dadurch bleibst du in deiner Äußerung bei dir selbst und machst deinen Standpunkt deutlich. Das Gespräch wird dadurch weniger konfrontativ und ermöglicht es deinem Gegenüber, dein Anliegen besser zu verstehen. Ihr könnt nun auf Augenhöhe nach einer gemeinsamen Lösung suchen.
Eine wertschätzende und empathische Kommunikation kann dir dabei helfen, Konflikte offen und konstruktiv anzugehen. Das ist nicht nur im Arbeitskontext wichtig, sondern kann dir auch den Alltag erleichtern – wie du in dieser Übung sehen wirst.
Wenden wir die 4 Schritte der Gewaltfreien Kommunikation einmal in einer typischen Alltagssituation an. Ein häufiger Streitfall in vielen Haushalten ist die oben erwähnte Spülmaschine. Wie kannst du also wertschätzend kommunizieren, dass deine Partnerin oder dein Partner auch gerne einmal die Spülmaschine ausräumen soll?
Beginnen wir mit der Beobachtung. Du könntest also sagen: „Als ich nach Hause kam, sah ich, dass die Spülmaschine nicht ausgeräumt war.“ Das ist eine neutrale Beschreibung der Situation, ohne Wertung oder Schuldzuweisung.
Es folgt die Beschreibung deines Gefühls nach der Beobachtung. Das könntest du so formulieren: „Ich fühle mich frustriert und überfordert, weil ich den Eindruck habe, dass immer ich die Spülmaschine ausräumen muss.“
Danach schilderst du das Bedürfnis, das hinter deinem Gefühl steht: „Ich habe das Bedürfnis nach Unterstützung und Zusammenarbeit, sodass wir den Haushalt gemeinsam und gleichberechtigt führen.“
Jetzt äußere noch eine konkrete Bitte, damit dein Gegenüber weiß, was von ihr oder ihm erwartet wird: „Bitte räume doch ab jetzt gemeinsam mit mir die Spülmaschine aus.“
Mithilfe der 4 Schritte wurde die Aussage klar und sachlich vorgetragen, ohne Schuldzuweisung oder Vorwürfe. Der Fokus war auf der Lösung des Problems, nicht auf Kritik oder Herumnörgeln.
Lass dich nicht davon abschrecken, wenn du die Gewaltfreie Kommunikation nicht sofort intuitiv verwendest. Das Einüben neuer Muster und Strategien braucht Zeit und Geduld. Aber jeder Moment, den du darauf verwendest, über deine Worte nachzudenken, ist ein großer Gewinn.
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