Achtsamkeit lehrt uns ein Leben im gegenwärtigen Moment. Wenn wir achtsam leben, können wir unser Leben in Balance bringen und mehr Lebensfreude empfinden. In diesem Beitrag erfährst du, wie dir das gelingt.
"Achtsamkeit ist das Bewusstsein, das entsteht, wenn man absichtlich im gegenwärtigen Moment unvoreingenommen aufpasst."
– Jon Kabat-Zinn
Das Konzept der Achtsamkeit stammt ursprünglich aus dem Buddhismus und ist längst im Westen angekommen, z. B. auch in therapeutischen Ansätzen wie der Kognitiven Verhaltenstherapie. Achtsamkeit ist eine Geisteshaltung. Achtsamkeit bedeutet volles Einlassen auf den Moment, Leben im Hier und Jetzt, sehen, riechen, fühlen und hören, was da ist: die duftende Blume am Wegesrand, die warmen Sonnenstrahlen auf der Haut, das rieselnde Wasser bei der morgendlichen Dusche, das farbenfrohe Essen in der Küche, der Partner, der uns liebevoll umarmt, die Kinder, die uns ein Lächeln schenken, die schnurrende Katze auf dem Sofa. Diese Liste ließe sich endlos fortsetzen, denn jeder Moment steckt voller Fülle und Überraschungen.
Achtsamkeit bringt uns immer wieder zurück zum gegenwärtigen Augenblick. Das kann dazu beitragen, dass wir unseren Alltag bewusster und intensiver erleben. Wir fühlen uns mit Achtsamkeit insgesamt zufriedener und glücklicher, auch weil wir dankbar sind für das, was wir jetzt haben.
Wir entscheiden, worauf wir unseren Fokus im gegenwärtigen Augenblick richten möchten. Wir können uns bewusster auf die Menschen und Dinge konzentrieren, die uns wichtig sind. Wir achten mehr darauf, wie wir mit anderen und mit uns selbst umgehen, welche Selbstgespräche wir führen oder welchen Glaubenssätzen wir nachhängen. So trainieren wir unser Selbstvertrauen. Beziehungen können sich verbessern, u. a. weil wir weniger automatisch reagieren. Wir können so leichter die richtigen Worte oder Reaktionen finden. Achtsamkeit ist damit absichtsvoll.
Was gerade da ist beobachten wir, wenn wir achtsam sind, urteilsfrei. Jedem Moment begegnen wir mit einer offenen und rezeptiven Grundhaltung. Als Beobachter üben wir uns weiterhin in Geduld, z. B. wenn wir uns Zeit nehmen und erlauben, einen bestimmten Moment auf uns wirken zu lassen und einfach zu geniessen (wie das tägliche Essen). Wir erlauben uns Pausen und horchen nach innen, damit trainieren wir die Wahrnehmung unserer Intuition und üben uns in Gelassenheit. Auch nehmen wir die Signale unseres Körpers besser wahr.
Achtsamkeit schafft ebenfalls die Voraussetzung für Akzeptanz, bei der wir den Widerstand aufgeben. Das hat nichts mit Schönreden zu tun und auch nicht mit Dramatisieren, allerdings mit Los-lassen und damit Flexibilität und der Möglichkeit, sich neuen Gegebenheiten anzupassen und zu öffnen. Indem wir loslassen, lassen wir uns ein. Selbstverständlich ist damit nicht Gleichgültigkeit gemeint. Auch haben wir in der Regel Grundwerte im Leben, die uns Orientierung bieten und uns aufzeigen, was uns wichtig ist.
"Nichts ist entspannender, als das anzunehmen, was kommt."
– Dalai Lama
Ein Beispiel von Achtsamkeit im Alltag finden wir bei der Beobachtung von Kindern. Sie sind meist ganz in ihr Spiel vertieft, nehmen sich eine Sache vor, auf die sie sich konzentrieren, und können hier die Zeit vergessen. Ereignissen hängen sie in der Regel nicht lange nach, sie nehmen jeden Moment neu, wie er ist.
Es kamen einmal ein paar Suchende zu einem alten Zenmeister.
"Herr", fragten sie, "was tust du, um glücklich und zufrieden zu sein? Wir wären auch gerne so glücklich wie du."
Der Alte antwortete mit mildem Lächeln: "Wenn ich liege, dann liege ich. Wenn ich aufstehe, dann stehe ich auf. Wenn ich gehe, dann gehe ich und wenn ich esse, dann esse ich."
Die Fragenden schauten etwas betreten in die Runde. Einer platzte heraus: “Bitte, treibe keinen Spott mit uns. Was du sagst, tun wir auch. Wir schlafen, essen und gehen. Aber wir sind nicht glücklich. Was ist also dein Geheimnis?"
Es kam die gleiche Antwort: "Wenn ich liege, dann liege ich. Wenn ich aufstehe, dann stehe ich auf. Wenn ich gehe, dann gehe ist und wenn ich esse, dann esse ich."
Die Unruhe und den Unmut der Suchenden spürend, fügte der Meister nach einer Weile hinzu: "Sicher liegt auch ihr und ihr geht auch und ihr esst. Aber während ihr liegt, denkt ihr schon ans Aufstehen. Während ihr aufsteht, überlegt ihr wohin ihr geht und während ihr geht, fragt ihr euch, was ihr essen werdet. So sind eure Gedanken ständig woanders und nicht da, wo ihr gerade seid. In dem Schnittpunkt zwischen Vergangenheit und Zukunft findet das eigentliche Leben statt. Lasst euch auf diesen nicht messbaren Augenblick ganz ein und ihr habt die Chance, wirklich glücklich und zufrieden zu sein."
In den vergangenen Jahren haben sich zahlreiche Ansätze entwickelt, die ein Training der eigenen Achtsamkeit ermöglichen. Einer der bekanntesten Ansätze ist die Mindfulness Based Stress Reduction (MBSR) nach Jon Kabat-Zinn. Hierbei handelt es sich um einen evidenzbasierten Ansatz, bei dem über einen definierten Zeitraum verschiedene Methoden kombiniert werden, um das Bewusstsein auf unterschiedlichen Ebenen zu schulen (z. B. über Meditation, Übungen zur Körperwahrnehmung und Reflexion über eigene Gedanken, Gefühle und Handlungen). Eine andere bekannte Technik ist die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson.
Regelmäßigkeit ist eine wichtige Grundvoraussetzung, um Veränderungen bei sich und im Alltag feststellen zu können. Wie bei allem gilt auch hier, das richtige Maß zu finden. Bewahren Sie sich Ihre Spontanität, und passen Sie eine mögliche Praxis Ihrem Lebensstil an! Weniger ist manchmal mehr. Informieren Sie sich oder lassen Sie sich professionell beraten, ob und welche Methode für Sie geeignet sein könnte, wenn Sie sich für dieses Thema interessieren und es vertiefen möchten.
Achtsamkeit kann auch im Alltag trainiert und in diesen integriert werden. Es gibt unterschiedliche Wege, diese zu fördern. Hier ein paar Tipps:
Der Atem ist ein wirksames Instrument, um uns einerseits zu vitalisieren und andererseits zu entspannen. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf unseren Atem lenken und diesen dabei natürlich fließen lassen, werden wir automatisch präsenter. Wenn wir gestresst sind, atmen wir meistens kurz und flach. Im Zustand der Entspannung fließt der Atem freier, tiefer und ohne Anstrengung. Nehmen Sie Ihren Atem einfach wahr und schauen Sie, was passiert.
Zeit für sich zu haben bedeutet, sich Zeit zu nehmen. Nicht immer muss diese Zeit mit etwas gefüllt werden. Manchmal darf man auch einfach nur präsent sein – ganz ohne Absicht oder Ziel. Pausen bieten Raum für Stille. Machen Sie regelmäßig Pausen und gönnen Sie sich und Ihrem Körper Erholung. Diese Pausen müssen nicht besonders lang sein, schon kurze Augenblicke des Innehaltens können ausreichen, damit Sie sich sammeln, neue Kraft tanken oder auch Ihre Sinne aktivieren können (z.B. in der Natur). Hiermit tragen Sie nicht nur zu mehr Achtsamkeit sich selbst gegenüber bei, sondern auch zur Entschleunigung Ihres Alltags. Pausen von der ständigen digitalen Erreichbarkeit oder Informations- und Reizüberflutung können ebenfalls heilsam sein. Finden Sie hier eine für Sie geeignete Methode (z.B. feste Handy-Zeiten, Flugmodus, wenn Sie ungestört sein möchten, eine entspannende Abendroutine vorm Schlafengehen etc.).
Eine neue Erfahrung Ihrer alltäglichen Tätigkeiten erreichen Sie, wenn Sie diese bewusst ausüben – sei es Geschirr spülen, arbeiten, Zähne putzen, telefonieren oder essen. Denken Sie z. B. nach dem morgendlichen Aufstehen nicht bereits an die Aufgaben, die sie während des Tages zu erledigen haben. Genießen Sie das Vogelgezwitscher, den Ausblick, die frische Morgenluft, die morgendliche Stille, die Farbe der Blätter – was auch immer der Morgen für Sie bereit hält. Wenn Ihnen das nächste Mal jemand etwas erzählt, hören Sie aufmerksam zu und schweifen Sie nicht mit Ihren Gedanken ab. Nehmen Sie den Moment, sich selbst und Ihr Gegenüber wichtig. Wenn Sie ein Buch lesen, dann konzentrieren Sie sich auf die geschriebenen Worte. Wenn Sie Musik hören, dann lauschen Sie den Klängen. Nehmen Sie sich täglich vor, wem oder was Sie Ihre Achtsamkeit schenken möchten, und schulen Sie so Ihr Bewusstsein für den Moment und die Wertschätzung für den Augenblick.
Bewusstes und präsentes Denken, Fühlen und Handeln bedingen, dass wir wissen, was uns wichtig ist. Im Idealfall sind Gedanken, Worte und Handlungen kongruent. Setzen wir uns kleinere oder größere Ziele, können wir uns immer wieder hierauf ausrichten. Achtsamkeit für unsere Prioritäten bedeutet einen achtsamen Umgang mit unserer Zeit. Für den einen stehen Beziehungen an erster Stelle, für den anderen Gesundheit oder finanzielle Unabhängigkeit. Prioritäten sind wie das Leben selbst dem Wandel unterworfen und bedürfen immer wieder einer Reflexion und ggf. Neuausrichtung. Überlegen Sie sich, was Ihnen wirklich wichtig ist und worauf Sie Ihre Aufmerksamkeit lenken möchten.
Nichts auf dieser Welt ist selbstverständlich, und doch benötigen wir ein achtsames Gewahrsein, um uns dessen immer wieder aufs Neue bewusst zu sein und Dankbarkeit zu kultivieren. Machen Sie sich am Ende jedes Tages klar, für welche Menschen, Erlebnisse oder Dinge Sie dankbar sind. Dies kann die Beziehung zu uns selbst und anderen verbessern und macht uns deutlich, was wir bereits besitzen. Wir sehen die Fülle statt den Mangel.
Das Niederschreiben ist eine hilfreiche Methode, um sich über die eigenen Gedanken klar zu werden. Hierbei können Sie Fragen notieren, die Sie beschäftigen, Prioritäten, die sie haben, Dinge, die Sie gerne verändern möchten, Ihre Stärken, worüber Sie sich besonders freuen oder wofür Sie dankbar sind. Das kann zu Klärung und Manifestierung Ihrer Gedanken beitragen und sich auch auf Ihren Alltag auswirken. Sie fördern dadurch das Verständnis und die Achtsamkeit für sich selbst und fokussiertes Handeln. Notieren Sie täglich, worauf Sie Ihren Fokus richten möchten.
"Wenn Du es eilig hast, mache einen Umweg."
– Asiatische Weisheit
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