Reframing – die Dinge anders betrachten und neue Perspektiven finden

Neue Perspektiven zu sehen, ist gar nicht so einfach, wenn wir in einer Situation festgefahren sind und einen Tunnelblick entwickelt haben. Reframing kann dir dabei helfen, einen neuen “Rahmen” zu finden und Lösungen zu erkennen.

Reframing – die Dinge anders betrachten und neue Perspektiven finden
© Ali Syaaban, unsplash.com

Stell dir vor, du wolltest gerade eine kleine Runde drehen – aber draußen regnet es. Zunächst ärgerst du dich, denn nun fällt dein Spaziergang ins Wasser. Dann aber fällt dir auf, dass du heute Abend den Garten nicht mehr gießen musst. Schon ist der Regen gar nicht mehr so schlimm, oder? Ob wir etwas gut oder schlecht finden, ist immer eine Frage der Wahrnehmung. Diese Erkenntnis kannst du dir zunutze machen, und zwar mithilfe des Reframings.

Reframing: Gib den Dingen einen neuen Rahmen

Hast du schon einmal den Rahmen eines Bildes gewechselt und dich gewundert, wie anders es plötzlich wirkt? Genau diesen Effekt nutzt das Reframing. Der Begriff leitet sich vom englischen „frame“ (Rahmen) ab und bedeutet, dass wir Dinge aus verschiedenen Blickwinkeln sehen können. 

Gemeint ist damit eine Technik, mit deren Hilfe wir Situationen oder Probleme aus einer anderen Perspektive betrachten und so neue Möglichkeiten und Lösungen finden. Durch ein bewusstes Erweitern unserer Denkweise entdecken wir Wege, die wir vorher nicht gesehen haben. Das kann unsere Wahrnehmung ändern – wir geben den Dingen einen neuen Rahmen. 

Natürlich verschwinden Probleme damit nicht einfach. Aber unsere Gedanken beeinflussen unsere Gefühle, deshalb kann eine Änderung der Perspektive helfen, uns glücklicher zu fühlen.

Reframing und der Negativitätsbias

Die Dinge einfach mal positiv sehen – das fällt uns Menschen eher schwer. Denn wir alle haben die Tendenz, negative Ereignisse stärker zu gewichten und uns besser daran zu erinnern als an Positives. Das bedeutet auch, dass wir uns mehr auf die negativen Aspekte einer einzelnen Situation oder Erfahrung konzentrieren als auf die positiven.

Diese Neigung heißt in der Psychologie Negativitätsbias und hat sogar eine biologische Grundlage: Negative Ereignisse und Erfahrungen hatten in der Regel einen größeren Einfluss auf unser Überleben und unsere Fortpflanzung – wenn der Steinzeitmensch einer gefährlichen Situation knapp entkommen konnte, war es wichtig, dass er diese in Zukunft mied. Also haben negative Ereignisse und Erfahrungen im Laufe der menschlichen Evolution eine größere Bedeutung erhalten, um uns vor einer möglichen Bedrohung zu warnen oder uns schneller zu einer Reaktion zu bewegen. 

Auf unser Wohlbefinden und unsere mentale Gesundheit hat dieses Phänomen jedoch auch ungünstige Auswirkungen: Es kann dazu führen, dass wir uns ängstlicher, trauriger oder gestresster fühlen und unsere Wahrnehmung die Realität verzerrt.

Genau hier kann das Reframing helfen: Indem wir eine Situation aus einer anderen Perspektive betrachten, können wir dem Negativitätsbias aktiv entgegensteuern und uns so zu einem positiveren Denken und Handeln bringen. Wenn wir uns auf das Gute einer Situation konzentrieren, anstatt auf dem Negativen herumzudenken, leben wir optimistischer und mit mehr Leichtigkeit.

Reframing – Schritt für Schritt

Einfach mal eine andere Perspektive einnehmen – das ist leichter gesagt als getan. Reframing bedarf sicher einiger Übung. Dem Regen oder einer geplatzten Verabredung kannst du wahrscheinlich irgendwie etwas Positives abgewinnen. Aber das Leben hat viel mehr Facetten und ist nicht immer einfach zu verstehen. 

Für komplexere Situationen gehst du am besten Schritt für Schritt vor: 

  • Identifiziere zuerst das Problem oder die Situation, die du reframen möchtest. Versuche, sie so konkret wie möglich zu beschreiben. Hilfreich kann sein, das Ganze schriftlich festzuhalten oder aufzumalen. 
  • Suche nun nach einer anderen Art, die Situation zu betrachten. Tritt gedanklich einen Schritt zurück, gehe einmal um das Problem herum und betrachte es erneut. Hilfreiche Fragen können hier sein: Was wäre, wenn es kein Problem wäre? Was ist gut an der Situation? Kann ich aus der Situation etwas lernen? Was würde ich einem Freund oder einer Freundin in dieser Situation raten? 
  • Finde nun Möglichkeiten oder Lösungen, die sich aus dieser neuen Perspektive ergeben. Teste die neuen Möglichkeiten oder Lösungen. Überprüfe, ob sie realistisch sind und ob sie das Problem tatsächlich lösen oder verbessern können.

Falls nötig, wiederhole den Prozess mit einer anderen Perspektive oder einem anderen Ansatz. Auf diese Weise wirst du mit Sicherheit eine Lösung finden, die für dich und dein Problem funktioniert. Indem du dich bewusst auf die Suche nach dem Positiven im Leben machst, hilft dir Reframing dabei, Herausforderungen zu meistern und Lösungen zu finden.

Reframing in der Praxis

Je nach Situation kannst du unterschiedlich an die Sache herangehen, um sie in einem anderen Kontext wahrzunehmen. 

Praxistipp 1: Positives Reframing von Fehlern

Statt dich auf das Negative zu konzentrieren, kannst du einen Fehler als Anstoß zur Verbesserung betrachten und aus dieser Erfahrungen lernen. Übernimm aktiv Verantwortung für den Fehler und bekenne dich dazu. Schon allein dieses Vorgehen wird das Vertrauen anderer in dich wiederherstellen und deine Integrität wahren.

Praxistipp 2: Reframing von Herausforderungen

Lass dich nicht gleich entmutigen, wenn sich dir Hindernisse in den Weg stellen. Versuche stattdessen, diese Herausforderung als Chance zu sehen – jetzt kannst du wachsen und neue Fähigkeiten erwerben. Ein Jobverlust etwa kann auch bedeuten, dass du endlich etwas vollkommen Neues versuchen oder die lang gehegte Geschäftsidee verwirklichen kannst. 

Praxistipp 3: Reframing von Konflikten

Steck bei Konflikten nicht gleich den Kopf in den Sand – eine Auseinandersetzung kann auch bedeuten, dass Kommunikation und Zusammenarbeit in Zukunft besser laufen, weil endlich einmal alle Unklarheiten beseitigt wurden. Wenn dir beispielsweise jemand negatives Feedback gibt, kannst du versuchen, damit konstruktiv umzugehen und es in Zukunft besser zu machen. 

Praxistipp 4: Reframing von Veränderungen

Natürlich können Veränderungen auf den ersten Blick beängstigend oder gar bedrohlich wirken. Näher betrachtet geben sie dir aber die Möglichkeit, neue Wege zu entdecken oder dich persönlich weiterzuentwickeln. Ein Umzug beispielsweise kann eine Gelegenheit sein, loszulassen und dich von Dingen zu trennen, die du nicht mehr brauchst oder die dir nicht mehr nützlich sind. Du kannst diese Gelegenheit nutzen, um dich von unnötigem Ballast zu befreien und Platz für Neues zu schaffen.

Praxistipp 5: Reframing von Rückschlägen

Wenn etwas nicht so geklappt hat, wie du es geplant hattest, dann versuch es einfach noch einmal, aber mach es besser. Jetzt ist die Gelegenheit, deine Stärken und Schwächen zu identifizieren und die nächsten Schritte damit zu planen. Wenn du beispielsweise nach einer Bewerbung eine Absage erhalten hast, kannst du hinterfragen, ob dieser Job für dich wirklich das Richtige gewesen wäre und ob du die nächste Stellenausschreibung nach anderen Kriterien auswählen solltest.

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