Alles-oder-Nichts-Denken bzw. Schwarz-Weiß-Denken

In diesem Beitrag geht es um eine besondere Form des negativen Denkens: das Alles oder Nichts Denken oder auch Schwarz-Weiß-Denken. Was es anrichten kann und wie du damit umgehen kannst, erfährst du hier.

Alles-oder-Nichts-Denken bzw. Schwarz-Weiß-Denken
© Louis Hansel, unsplash.com

Das Alles-oder-Nichts-Denken unseres inneren Kritikers ist ein guter Trick, um in uns kein gutes Selbstwertgefühl aufkommen zu lassen und uns ständig in der Angst leben zu lassen, dass wir morgen auf der Verliererseite des Lebens stehen könnten und dann keine Chance mehr hätten, auf die Gewinnerseite zu gelangen.

Dein innerer Kritiker denkt in Extremen

Dein Kritiker liebt es über alles, in Extremen zu denken. Für ihn ist etwas entweder gut oder schlecht, schön oder häßlich, wertvoll oder wertlos, schwarz oder weiß. Er kennt das Wort Mittelmaß oder Durchschnitt nicht. Für ihn besteht die Welt nur aus Extremen ohne jegliche Grautöne oder Farben. Für ihn bist du entweder ein Heiliger oder der Satan in Person, entweder ein Versager oder ein Sieger, ein Held oder eine Memme. In seinen Augen hast du entweder einen athletischen Körperbau oder wirkst wie ein Pudding, siehst entweder jugendlich oder uralt aus, bist entweder modisch gekleidet oder total altmodisch. Dein Kritiker kennt also nur gut und böse, und er beurteilt dein Verhalten nur in diesen beiden Extremen. Für ihn gibt es kein lauwarmes Wasser, nur kaltes und heißes Wasser; keinen zweiten oder dritten Platz, nur einen ersten und letzten Platz. Wenn du eine falsche Entscheidung triffst, dann bezeichnet er dich als Versager ohne Rücksicht darauf, wie viele richtige Entscheidungen du in der Vergangenheit getroffen hast.

Er will dir weismachen, dass es nur einen richtigen Weg gibt, eine Sache anzupacken und zu erledigen. Wählst du einen anderen Weg, dann kann er nur falsch sein. Er redet dir ein: "Entweder du bestehst die Prüfung oder deine Zukunft ist ruiniert.”,
"Entweder du bekommst diesen Job oder du bekommst nie mehr einen.”,
"Wenn du dieses Mal versagst, dann wirst du es nie zu etwas bringen”,
"Du hast nur diese eine Chance. Wenn du sie nicht nutzt, dann kannst du dich gleich begraben lassen.”,
"Du hast nur einen Anlauf. Wenn du die Sache verpatzt, dann wirst du nie mehr eine solche Chance bekommen”.

Dein innerer Kritiker will dir also suggerieren, dass es immer um Alles oder Nichts, um Leben und Tod geht.

Da wir Menschen nicht perfekt sind und Fehler machen, hat unser Kritiker viele Gelegenheiten, uns als Versager hinzustellen. So versetzt uns unser Kritiker durch seine Schwarz-Weiß-Malerei in große Angst. Er lässt ein Panikorchester aufspielen, das Ihnen in den schrillsten Tönen die Katastrophe ausmalt, in die Sie geraten, wenn Sie versagen. Wenn wir ihm glauben, dass es nur einen richtigen Weg gibt, eine Sache anzupacken, oder dass wir nur einen Versuch haben, dass es also um Alles oder Nichts geht, dann geraten wir in große Bedrängnis, da wir wissen, dass wir nicht unfehlbar sind.

Wie die Angst vorm Versagen zum Versagen führt

Je größer unsere Angst jedoch ist, auf der Verliererseite zu stehen, umso wahrscheinlicher ist es, dass wir versagen. Aus lauter Angst, das Falsche zu tun oder zu versagen, sind wir so nervös und unkonzentriert, dass wir erst recht einen Fehler machen. Diese Art des negativen Denkens lässt sich sehr schön an einem Beispiel verdeutlichen, das der amerikanische Psychologe Tom Miller das 100 Cent-Spiel nennt: 

In diesem Spiel gilt man nur dann ein wertvoller Mensch, wenn man stets 100 Cent bei sich trägt. Sobald man auch nur einen Cent weniger in der Tasche hat, ist man ein minderwertiger und wertloser Mensch. Was ist die Folge davon? Wer sich auf dieses Spiel einlässt, versucht krampfhaft, immer 100 Cent bei sich zu tragen, und tut alles, dass ihm das gelingt. Aber selbst wenn man die 100 Cent hat, kommt man nicht zur Ruhe. Man muss nämlich befürchten, dass man sie verliert. Man lebt ständig in der Angst, eines Tages einen Cent zu verlieren. Und so hat  man keine Chance, ruhig und in Frieden leben zu können. Haben die Mitspieler weniger als 100 Cent in der Tasche, dann fühlen sie sich minderwertig und leben in der Angst, dass sich nie etwas an dieser Situation ändert. Haben Sie diese Summe endlich zusammen, dann leben Sie in der Angst, sie wieder verlieren zu können.

Diese 100 Cent stehen für deine Ideale und Forderungen, die du hast. Wenn etwas nicht perfekt ist, du also innerlich weniger als 100 Cent in der Tasche hast, dann fühlst du dich minderwertig.

Mach deine Sache gut, dann musst du nicht befürchten, beim nächsten Mal zu versagen.

Was kannst du gegen das Alles-oder-Nichts-Denken tun?

Wenn du dich bei der Schwarz-Weiß-Malerei erwischen, dann stelle dir die Fragen: "Entspricht das den Tatsachen?” und "Ist das wahr?” Wenn du dir etwa sagst, dass du ein Versager bist, dann frage dich: "Entspricht das den Tatsachen, dass ich ein Versager bin?” Wenn du ehrlich bistt, dann musst du diese Frage mit einem Nein beantworten. Du hast vielleicht in dieser einen Sache oder bei mehreren oder gar vielen Dingen versagt, aber deshalb bist du noch lange kein Versager. Ein Versager ist nämlich ein Mensch, der sein ganzes Leben lang immer bei allem versagt. Ich habe noch keinen Menschen getroffen, auf den das zutrifft. So begehst du den Fehler, dein Verhalten mit deiner Person gleichzusetzen.

Mach dir klar: Du bist nicht, was du tust. 

Wir sind nicht dasselbe wie unser Verhalten. Wenn du dich idiotisch verhältst, bist du kein Idiot. Wenn du zu dir ehrlich bist, dann wirst du feststellen, dass dir gewisse Dinge gelingen und du diese erfolgreich meisterst. Halte dir das vor immer Augen. Sag dir: "Ich bin nur ein Mensch, der von Zeit zu Zeit einen Fehler macht. Jeder macht mal einen Fehler. Ich werde noch viele Chancen haben, auch wenn ich diese eine Chance verpatzt habe.”

So ersetzt du dein Alles-oder-Nichts-Denken durch realistische Gedanken.

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 Wie die Angst vorm Versagen zum Versagen führt
 Was kannst du gegen das Alles-oder-Nichts-Denken tun?
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